Die AfD regiert Facebook

Von Dayala Lang, Nadja Bascheck, Lennart Banholzer, Daniel Reimann und Adrian Breda

Über ein Viertel der deutschen Bevölkerung – immerhin 21 Millionen Personen – nutzt täglich Facebook. Für gut 80 Prozent dient das Soziale Netzwerk dabei auch als Informationsquelle über aktuelle politische Themen. Und nicht erst seit Trumps Twitter-Tiraden ist klar, dass soziale Netzwerke einen immensen Einfluss auf Wahlen haben können. Holzschnittartig könnte man sogar sagen: Erfolg in Sozialen Medien führt zu politischem Erfolg.

Verschafft man sich einen Überblick über die Page-Likes deutscher Parteien, gelangt man zu einem irritierenden Befund: Die Alternative für Deutschland (AfD) hat mit knapp 325.000 Likes weit mehr “Gefällt-Mir”-Angaben sammeln können als die Regierungsparteien SPD und CDU zusammen. Dabei hat die Partei deutlich weniger Mitglieder und hat bei vergangenen Wahlen meist weniger Stimmen erhalten als die Volksparteien. Auch bei der Anzahl der User-Kommentare führt die AfD das Feld an. Im Vergleich zu anderen Parteien zeigt sich: Je polarisierender die politischen Ansichten sind, desto mehr Likes gibt es bei Facebook. Auf dem zweiten Rang folgt der AfD die Linke, auf dem dritten Platz die CSU.

Die AfD ist in den Sozialen Medien also besonders erfolgreich. Aber: Warum? Wie kann eine vergleichsweise kleine Partei einen solchen Erfolg haben? Einen Hinweis liefern die Reaktionen der Facebook-User auf der Seite der AfD. Hier fällt auf: Die Posts rufen besonders oft wütende Reaktionen hervor. Knapp 15 Prozent aller Reaktionen entfallen auf das "Wütend-Smiley" – bei den anderen Parteien ergeben sich Werte zwischen einem und knapp sechs Prozent. 

Auch im Vergleich der absoluten Zahlen weist die AfD deutlich höhere Werte als die restlichen Parteien auf. Dies gilt sowohl für die Reaktionen pro Post als auch für gepostete Kommentare, traurige sowie wütende Reaktionen.

Die Wut-Reaktionen richten sich nicht etwa gegen die AfD, sondern beziehen sich auf die geposteten Sachverhalte. Dass der hohe Anteil von Wut-Reaktionen nicht auf AfD-Gegner zurückzuführen ist, zeigt ein Blick auf die Liste der am häufigsten mit "Wut"-kommentierten Posts. Hier dominieren Inhalte, die dem rechtspopulistischen Spektrum zuzuordnen sind. Die Reaktion ist also eher als wütende Zustimmung zu verstehen.

Wahlbetrug, Terror-Gefahr durch Flüchtlinge, Gutmenschentum bei der Bundeswehr: Die AfD weiß, welche Themen sich gut emotionalisieren lassen. Dass die Strategie aufgeht, zeigt nicht nur die Auswertung der Reaktionen, sondern auch ein Blick in den Kommentarbereich. Zu Ursula von der Leyen heißt es: 

»Geld, und wissen nicht wo hin mit ihrer Langeweile, abwählen so,n Dreck! Patriotismus ist gefragt, steht zu Deutschland, Weltmarkt statt Kunterbunt, alle die anders denken, tun mir leid, nichts gegen Kultur, einfach nur lächerlich diese Frau...«

 

— Daniel Baumann, 19. Mai 2017

 

Ähnlich sieht es bei dem Post über den vermeintlichen Attentäter aus:

»Hier hilft nur noch der Ausnahme Zustand alle in Verwahrung und dann richtig überprüfen ich wette weniger als die Hälfte kommen wieder raus«

 

— Harald Fippl, 5. Juni 2017

Laut einem internen Wahlkampf-Papier will die AfD weiterhin auf die Protest-Karte setzen – auch im Social Web. Interessant ist ein Vergleich zu anderen Parteien. Welche Posts lösen etwa bei der SPD besonders viele Wut-Reaktionen aus?

Ein Post, der Muslimen einen gesegneten Ramadan wünscht sowie ein Post, der Björn Höcke kritisiert: Diese beiden SPD-Beiträge haben im Untersuchungszeitraum die meisten Wut-Reaktionen auf sich gezogen. Es liegt der Verdacht nahe, dass die Wut-Reaktionen nicht von SPD-Anhängern stammen, sondern von Anhängern des politischen Gegners – etwa der AfD.

Methodik

Zur Auswertung wurde das Tool Fanpage Karma genutzt. Bei Bedarf können die Datensätze direkt über "Get the data" in der Visualisierung heruntergeladen werden. Als Untersuchungszeitraum wurden die ersten fünf Monate des Wahljahres 2017 bestimmt.